Wie entwickelt sich die Zahlungsmoral in Deutschland?


Der BDIU hat sich mit die­sem The­ma in­ten­siv be­schäf­tigt und die Er­geb­nis­se der Um­fra­ge ver­öf­fent­licht. (In­kas­so-Um­fra­ge | BDIU Bun­des­ver­band Deut­scher In­kas­so-Un­ter­neh­men e.V.)

Zu­nächst ein­mal fällt ent­ge­gen ver­schie­de­ner Be­fürch­tun­gen auf, dass sich das Zah­lungs­ver­hal­ten von Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­chern  in der Co­ro­na-Kri­se nicht ver­schlech­tert hat – eher das Ge­gen­teil scheint der Fall zu sein. Da­zu die BDIU-Prä­si­den­tin Kirs­ten Pedd: „Vie­le Men­schen ha­ben pan­de­mie­be­dingt die ein­ge­spar­ten Kon­sum­aus­ga­ben in ei­ne Ent­schul­dung ge­steckt und konn­ten sich so kon­so­li­die­ren. Die Si­tua­ti­on ist durch­aus pa­ra­dox. Zwar lei­den vie­le Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher un­ter den öko­no­mi­schen Fol­gen der Co­ro­na­kri­se. Aber ob­wohl Job­ver­lus­te oder Kurz­ar­beit man­che Ein­kom­men re­du­zie­ren, ha­ben die Pri­vat­haus­hal­te kei­ne grö­ße­ren Ver­schul­dungs­pro­ble­me bekommen.“

Al­ler­dings zei­gen sich im ge­werb­li­chen Be­reich um­ge­kehr­te Trends:

„Im Busi­ness-to-Busi­ness-Be­reich zei­gen sich die Ne­ga­tiv-Fol­gen der Pan­de­mie sehr deut­lich. Es ist zu be­fürch­ten, dass es bei den Un­ter­neh­men in den nächs­ten Mo­na­ten ver­stärkt zu Zah­lungs­aus­fäl­len und lei­der auch zu mehr In­sol­ven­zen kom­men wird.“, so Pedd.

Wäh­rend die La­ge bei vie­len pri­va­ten Haus­hal­ten gut ist, neh­men bei den Un­ter­neh­men die Pro­ble­me zu. Be­son­ders be­trof­fen von ei­ner schlech­ten Zah­lungs­mo­ral ih­rer Kun­den sind nach Er­fah­rung der Rechts­dienst­leis­ter die Dienst­leis­tungs­bran­che all­ge­mein (50 Pro­zent), Fit­ness­stu­di­os (44 Pro­zent) so­wie die Im­mo­bi­li­en­wirt­schaft be­zie­hungs­wei­se Ver­mie­ter (36 Pro­zent – bei die­ser Um­fra­ge sind Mehr­fach­ant­wor­ten mög­lich). Der Haupt­grund, war­um ge­werb­li­che Schuld­ner ak­tu­ell nicht zah­len, sind durch die Co­ro­na­kri­se aus­ge­lös­te Li­qui­di­täts­eng­päs­se (83 Pro­zent) so­wie Zah­lungs­aus­fäl­le bei ei­ge­nen Kun­den (73 Pro­zent) – das ist der Do­mi­no­ef­fekt, bei dem sich ein For­de­rungs­aus­fall ent­lang der Lie­fer­ket­ten fort­setzt und so meh­re­re Ak­teu­re in Mit­lei­den­schaft zieht.

 „Es ist zu be­fürch­ten, dass es bei den Un­ter­neh­men in den nächs­ten Mo­na­ten ver­stärkt zu Zah­lungs­aus­fäl­len und lei­der auch zu mehr In­sol­ven­zen kom­men wird.“ Pedd ver­weist auf die wie­der in Kraft ge­tre­te­ne In­sol­venz­an­trags­pflicht für über­schul­de­te Fir­men. „Das Aus­set­zen die­ser An­trags­pflicht hat zu­sam­men mit den staat­li­chen Co­ro­na-Hilfs­zah­lun­gen vie­le Exis­ten­zen vor­über­ge­hend ge­si­chert. Das wa­ren gu­te Maß­nah­men für den Er­halt wirt­schaft­li­cher Sta­bi­li­tät. Aber sie kön­nen das Un­ver­meid­li­che nicht un­be­grenzt auf­schie­ben. Um die Lie­fer­ket­ten vor Do­mi­no­ef­fek­ten zu schüt­zen, müs­sen Un­ter­neh­men oh­ne Aus­sicht auf Kon­so­li­die­rung nun rich­ti­ger­wei­se ei­nen In­sol­venz­an­trag stel­len. Im Tou­ris­mus­sek­tor, der Gas­tro­no­mie, dem Ein­zel­han­del, der Kul­tur so­wie im Sport- und Frei­zeit­be­reich wird das zu spü­ren sein.“ Pedd rät Fir­men als not­wen­di­ge Prä­ven­ti­ons­maß­nah­me zu ei­nem nach­hal­ti­gen und kon­se­quen­ten For­de­rungs­ma­nage­ment. „Es kommt dar­auf an, die Li­qui­di­tät der Ge­schäfts­part­ner zu ken­nen, um Ri­si­ken für Zah­lungs­aus­fäl­le so ab­schät­zen zu kön­nen. Tritt Ver­zug ein, ist ei­ne kon­se­quen­te Lö­sungs­su­che ge­fragt. Ein schlech­tes For­de­rungs­ma­nage­ment ist, ne­ben Fehl­ent­schei­dun­gen des Ma­nage­ments so­wie ei­ner un­zu­rei­chen­den Auf­trags­la­ge, ei­ner der Haupt­grün­de für den Zu­sam­men­bruch ei­ner un­ter­neh­me­ri­schen Existenz.“

Für Un­ter­neh­men kom­me es dar­auf an, mit ei­nem nach­hal­ti­gen For­de­rungs­ma­nage­ment ih­re Li­qui­di­tät zu sichern.

In­kas­so­un­ter­neh­men sind da­bei ver­ant­wor­tungs­voll han­deln­de Part­ner, die ge­ra­de in der Kri­se für bei­de Sei­ten – Schuld­ner und Gläu­bi­ger – gang­ba­re We­ge aus­lo­ten, da­mit be­rech­tig­te Zah­lungs­an­sprü­che ei­nen fai­ren Aus­gleich erhalten.